Frieda Oppenheimer (1908-1958) war eines von vier Kindern von Nathan und Betty Oppenheimer aus Königshofen/Grabfeld, die 1908 das Bekleidungsgeschäft der Familie Stern (Bettys Großeltern) am Unteren Tor in Lichtenfels übernahmen. Nach dem Tod Nathans 1920 führte der älteste Sohn Alfred die Läden.
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Sigmund Marx (1899-1980) wurde am 19. 03. 1899 in Oberlangenstadt bei Küps als ältester Sohn von Salomon und Johanna (genannt Hantchen) Marx geboren.
Die Familie betrieb seit 1869 Handel mit Fellen und Häuten sowie mit Metzgereibedarf, Sigmund erlernte das Gewerbe beim Vater. Man nahm rege am gesellschaftlichen Leben teil, Sigmund z.B. spielte Fußball im Oberlangenstadter Verein (im Foto untere Reihe dritter von links, Mannschaftskapitän).
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Sigmund Marx als Kapitän der Fußballmannschaft des FC Oberlangenstadt (erste Reihe, Dritter von links) © Herr Udo Baumann, Oberwallenstadt
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Durch Wegzug in größere Städte oder Auswanderung allerdings schrumpfte die jüdische Gemeinde des kleinen Ortes immer weiter und wurde in den Zwanzigern aufgelöst. Es oblag Sigmund, die Liegenschaften der Gemeinde zu verkaufen.
Nach dem Tod des Vaters 1928 verlegten Sigmund und sein jüngerer Bruder Alfred das Familiengeschäft „Marx & Bäuml GmbH“ nach Lichtenfels, wo Alfred 1927 die Kaufmannstochter Ellen Bamberger geheiratet hatte. Die Familie Marx erwarb nach dem Tod des Schwiegervaters Joseph Bamberger 1930 dessen repräsentative Villa in der Bamberger Straße.
Wohnhaus der Familien Marx (Aufnahme 2019)
Anfang der dreißiger Jahre lernte Sigmund die hübsche Frieda Oppenheimer kennen und heiratete sie 1935. Am 2. Februar 1936 kam Tochter Marion zur Welt. Die Familie lebte im Wohlstand und trotz der zunehmenden Diskriminierung im NS-System ging es ihnen gut. „Hier ist es so schön wie in Lichtenfels“ – dieser Ausspruch von Frieda wurde in der Gemeinschaftsunterkunft in London eine stehende Wendung.
Frieda und Sigmund Marx vor ihrem Auto;
© Familienbesitz
Während der Novemberpogrome 1938 zerstören Nazi-Horden das Haus der Familien Marx, nahmen Sigmund's Auto weg und inhaftierten ihn. Kurz darauf wurde die Firma Marx & Bäuml GmbH unter Zwang aufgelöst.
Sigmund erhielt die zur Emigration nötige Bürgschaft für die USA („Affidavit“) von einem Verwandten eines seiner Kunden, den er persönlich nicht einmal kannte.
Familie Marx in der Sammelunterkunft in London (Frieda mit Tochter Marion auf dem Schoß in der Mitte, Sigmund stehend rechts);
© Familienbesitz
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Im April 1939 wanderte die Familie zunächst nach England aus. Für die Aufnahme von Juden in den USA bestanden kontingentierte Wartelisten; Sigmund, Frieda und Marion mussten elf Monate in England ausharren, wo sie Duldungsstatus hatten. In dieser Zeit versuchte Sigmund Marx verzweifelt, die Familie seines Freundes und Geschäftspartners Chaim Rodoff zu retten, aber nur drei der acht Kinder der Familie bekamen die nötigen Visa und konnten ausreisen. Mutter, Vater und die fünf jüngsten Kinder Kinder der Familie Rodoff wurden im Holocaust ermordet.
Bericht des „Boston Globe“ über die Ankunft der „H.M.S. Newfoundland“,
links: Marion Marx © Familienbesitz
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Am 16. Februar 1940 durfte die Familie schließlich mit der „H.M.S. Newfoundland“ nach Boston reisen. Dieses Schiff wurde später von einem deutschen U-Boot versenkt.
Die Familie Marx hatte exakt zwölf Dollar Startkapital bei sich. Von Boston aus reisten sie nach Baltimore, dort blieben sie für eineinhalb Jahre bei Verwandten. Schließlich fanden sie erste Arbeit als Hilfskräfte mit 15 Dollar pro Woche. Ihre Arbeitgeber waren ein Universitätsprofessor und seine Frau (eine Bildhauerin), in deren Haus sie einen Raum und ein Badezimmer bewohnten. Dafür hielten sie das Haus in Ordnung und kümmerten sich um die Autos.
Erst nach ein oder zwei Jahren wurde es für die Familie Marx einfacher. Ein Cousin eröffnete in Newark, New Jersey, eine Fabrik zum Färben von Fellen. Sigmund hatte Erfahrung auf diesem Gebiet und wurde in dieser neuen Firma Geschäftsführer. Die Familie zog erneut um. Gleichzeitig absolvierte Frieda einen Kurs an der Nähmaschine und fand auch bald entsprechende Anstellung. So baute sich die Familie durch harte Arbeit ein neues Leben auf, Amerika wurde nach und nach zu ihrer neuen Heimat. Für die Aufnahme in Amerika war Sigmund zeitlebens sehr dankbar. In einem Interview mit seiner Enkelin bezeichnet er Amerika als „das beste Land der Welt“.
© Familienbesitz
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Frieda verstarb 1958 im Alter von nur 50 Jahren. Sigmund verbrachte seinen Lebensabend im Haushalt seiner Tochter Marion in Verona, New Jersey, wo er am 23.01.1980 mit 81 Jahren starb.