Verfasser: Paul Dörrzapf, Bastian Girschke
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Verfasser: Paul Dörrzapf, Bastian Girschke
Robert Pauson (15.11.1897-22.04.1960), der die Geschäfte von 1920 bis 1938 leitete, erlernte den Beruf des Kaufmanns und nahm ab September 1916 als Infanterist am 1. Weltkrieg teil. Anfang der Zwanziger heiratete er Emilie Ziegler (02.04. 1901-21.04.-1971) aus Münchberg. Das Paar bewohnte mit der gemeinsamen Tochter Margit (* 1928) und Großmutter Rosa Pauson (1864-1949) die Räumlichkeiten über der Korbfabrik in dem stattlichen Sandsteinbau am Bahnhof. Die Familie führte einen großbürgerlichen Lebensstil, der durchaus Neid weckte. Eine Zeitzeugin, die öfter ihre Freundin Margit besuchte, berichtete aber von großer Gastfreundlichkeit und Offenheit, die sie im Hause Pauson erlebte.
Rückkehr von einer Flugreise nach Italien im Sommer 1938 © Familie Pauson |
Staatlich inszenierter Antisemitismus machte der Familie das Leben ab 1933 zunehmend schwer. Auf dem Schulhof rief man Margit Pauson schon bald „Jude!“ zu. Sogar ihr Schlafzimmerfenster wurde in der Nacht mit einem Ziegelstein eingeworfen. Ihrer Mutter Emilie, eine Katholikin, wurde von einem örtlichen Priester nahegelegt, sich von Robert Pauson als Juden scheiden zu lassen. Das sei in diesen Zeiten wesentlich sicherer. Dieser „Rat“ machte ihr klar, dass es an der Zeit war, Deutschland zu verlassen. Den letzten Ausschlag gab die Deportation ihres Schwagers Stefan in das KZ Dachau infolge der Novemberpogrome 1938: Sie floh mit ihrer Tochter außer Landes.
Fotos:
© Familie Pauson
Die damals 10-jährige Margit Pauson war im September 1938 gerade aus einem Sommerurlaub zurückgekommen, als ihre Mutter sie, untypischerweise mit dem Auto, von der Schule abholte. Ihr Vater, Robert Pauson, befand sich zu diesem Zeitpunkt bereits auf Grund einer Geschäftsreise in England. Mittels eines persönlichen Geheimcodes machte Emilie Pauson ihrem Mann per Telefon klar, dass er unter keinen Umständen nach Lichtenfels zurückkehren konnte.
© Familie Pauson
Vor der Flucht wurde dem Mädchen damals erzählt, es handle sich um eine weitere Urlaubsreise, auf der sie auch ihren Vater wiedersehen werde. Dennoch hatte sie keine Möglichkeit, sich in irgendeiner Form von ihrer Großmutter Rosa zu verabschieden, was sie sehr hart traf. Sie musste auch ihren geliebten Hund „Struppi“ zurücklassen. Er wurde später in der Pogromnacht von den marodierenden Nazis im Hause Pauson getötet.
Margit und ihrer Mutter war es nicht möglich, größere Wertgegenstände, geschweige denn eine Menge Geld mitzuführen, was sofort signalisiert hätte, dass sie sich auf der Flucht und keineswegs auf einer Urlaubsreise befanden. Emilie hatte deshalb im Voraus Ringe fertigen lassen, die sie mitnehmen und später leicht zu Geld machen konnte.
Vom Münchner Flughafen aus ging es, das Auto dort zurücklassend, im Anschluss zunächst in die Schweiz zu einer Freundin Emilies, die ein Hotel besaß. Ihre Flucht endete schließlich in Leicester in den East Midlands. Robert Pauson arbeitete nach einer kurzfristigen Internierung und längerer Arbeitslosigkeit in England als Manager in einer Korbmöbelfirma. Später übersiedelte er wieder nach Deutschland (Lochham bei München), wo er am 22. September 1960 verstarb. Emilie starb am 21.04.1971 in Coventry/England.
Robert Pauson arbeitete nach einer kurzfristigen Internierung und längerer Arbeitslosigkeit in England als Handlungsreisender und Manager einer Korbmöbelfirma. Der vormals so wohlhabenden Familie ging es nicht gut. Robert wurde in England nie heimisch. Trotz allen erlittenen Unrechts zog es ihn wieder nach Deutschland. 1960 übersiedelte er nach Lochham bei München, wo er noch Verwandte hatte. Er nahm dafür die Trennung von seiner Frau in Kauf, die niemals wieder einen Fuß auf deutschen Boden setzen wollte. Schon nach kurzer Zeit starb er am 22. September 1960. Emilie zog mit der verbleibenden Famile nach Coventry, wo sie am 21.04.1971 verstarb.
Margit Pauson kam Jahre nach dem Krieg zurück nach Deutschland, um Geige an der Hochschule für Musik in München zu studieren, kehrte dann aber nach England zurück und heiratete dort einen Arzt.