Jenny und Semi Kraus

Verfasser: Jan Höppel, Manfred Brösamle-Lambrecht

Header Familie Kraus Jenny und Semi

 

Die Familie Jenny und Samuel Kraus

Jenny wurde am 19.8.1879 in Bastheim (Rhön) als dritte Tochter des Viehhändlers Jacob Dannenbaum und seiner Frau Sophie, geb. Lebermuth geboren.
Sie heiratete 1903 den in Lichtenfels ansässigen Viehhändler Samuel „Semi“ Kraus. Die Familie lebte anfangs in der Reitschgasse 28 (heute 11), ab 1927 in der Bamberger Straße 7. Samuel handelte mit Pferden und Rindern. Die Familie Kraus war in Lichtenfels sehr angesehen, Jennys Schwager Carl Kraus war Vorsteher der jüdischen Gemeinde.

 

Jenny, Samuel, Willy und Justin Kraus

v.l.: Justin, Jenny, Samuel (Semi) und Willy Kraus, ca. 1933

© B. Kraus

Jenny und Semi Kraus

© B. Kraus

Familie Kraus

© B. Kraus

Leben als angesehene Familie

Jenny Kraus am Herd

Jenny Kraus am Herd, ca. 1933

© B. Kraus

1904 wurde der Sohn Justin, 1907 Wilhelm („Willy“, später „Guillermo“) geboren. Der Familie ging es gut, Jenny war die starke Frau hinter ihrem Mann, hielt das Geld zusammen und führte den Haushalt. Sie muss eine hervorragende Köchin gewesen sein: Noch aus Buenos Aires bat Sohn Willy sie, ihm selbstgebackene Kekse zu senden.


Justin gründete 1933 in wirtschaftlich schwieriger Zeit die Gesellschaft „Kraus & Co“ in den Geschäftsräumen des Vaters, 1934 erweiterte er seine Geschäfte um den Exporthandel mit Porzellan, Spiel- und Eisenwaren zusammen mit Adolf Strassner aus Leipzig. Nicht zuletzt wegen der Nachwirkungen der Weltwirtschaftskrise und der Boykottpropaganda der Nazis gingen die Geschäfte schleppend.


Willy durfte eine höhere Schulbildung absolvieren. Von der Privat-Realschule Lichtenfels wechselt er auf die Ober-Realschule (Ernestinum) Coburg, wo er 1926 das Abitur machte. Anschließend studierte er erfolgreich Jura in Berlin.

Auflösung der Familie in den Dreißiger Jahren

1933 aber versuchte die NS-Diktatur Juden aus dem deutschen Rechtssystem auszuschließen. 

Samuel Kraus Grabstein

© B. Kraus

NS-Gesetze verhinderten, dass Willy als Jurist einen angemessenen Beruf ergreifen konnte. Von 1933 bis 1934 musste er arbeitslos zurück zu seinen Eltern ziehen. Schließlich wanderte er 1934, entnervt vom alltäglichen Antisemitismus, nach Buenos Aires aus. Nach sehr schwerem Beginn ermöglichte es ihm schließlich eine längere, gut bezahlte Anstellung in Paraguay 1936, sich als Kaufmann in Argentinien zu etablieren.


Semi Kraus war herzkrank. Nicht zuletzt deshalb machte Jenny den Führerschein im Jahre 1936 - eine erstaunliche Leistung für eine jüdische Frau von 57 Jahren im NS-Regime. Sie brauchte ihn, denn Anfang 1936 war auch Justin nach Buenos Aires ausgewandert: Eine erfolgreiche geschäftliche Tätigkeit für Juden im nationalsozialistischen Deutschland war nicht mehr möglich.


Samuel Kraus erlebte die Novemberpogrome nicht mehr. Er starb am 20. 09. 1938 an einem Herzinfarkt.

Ein neues Leben in Argentinien

Nach dem Tod des Ehemanns und der Ausreise ihrer beiden Kinder hielt Jenny nichts mehr in Lichtenfels. Die Sechzigjährige plante ihre Emigration und startete am 1. April 1939 eine Reise um den halben Globus zu ihren Söhnen - in ein Land, dessen Sprache und Kultur sie nicht kannte.

Jenny Kraus 1950

Sohn Willy reiste ihr bis Montevideo entgegen. Gemeinsam legten sie an Bord der „Cap Arcona“ das letzte Stück Weges bis Buenos Aires zurück, wo sie am 20. April 1939 auch Justin(o) trafen.


Jenny lebte in Argentinien bei ihrem Sohn Willy / Guillermo. Im Februar 1955 verstarb sie im Alter von 76 Jahren.


Justino wurde 71 Jahre alt.


Guillermo besuchte Anfang der 80er Jahre zusammen mit seiner Tochter Betina Deutschland und zeigte ihr auch Lichtenfels. Er starb 1999 im Alter von 92 Jahren.

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